|
-
« zurück zur Übersicht
Kirche Beatenberg
Die verlorenen Fresken von Balthus
Wandmalerei von Balthus 1933/34 entfernt: Die Fresken wurden 1927 gemalt. Schon nach sieben Jahren setzten sich der
Kirchgemeinderat und Pfarrer Rupp über fachkundige Abmahnungen hinweg und liessen die Fresken zerstören. Im Hinblick auf die immensen
Preise, welche Balthus-Gemälde heute erzielen, war das ein barbarischer Bildersturm. Im Firnelicht, wo Balthus aus- und einging, soll die
Erinnerung an den Ikonoklasmus von 1934 lebendig bleiben. Quelle: Dr. jur. Peter Stauffer
Anmerkung von www.beatenbergbilder.ch
Wir recherchierten zum Thema "Freskenentfernung" und haben auch mit Zeitzeugen sprechen können. Man hörte immer wieder, dass die Fresken
durch Feuchtigkeit und Nässe so stark beschädigt wurden, dass eine Restaurierung bei der Renovation 1934 nicht mehr möglich war. Der
Architekt Georg Kaufmann soll als kompetenter Restaurator, dem das Erhalten alter Fresken stets ein Anliegen war, bekannt und geschätzt gewesen
sein.
Drachebärg Zytig:
Bericht von Lukas Stettler, Pfarrer in Beatenberg
über den » Architekten Georg Kaufmann
Ausschnitt aus dem Zeitungsbericht von Hans-Christoph Inniger:
... aber die Vermutung liegt nahe, dass sich die Begeisterung der Kirchgemeinde für diese Fresken in Grenzen hielt. Wie liesse es sich sonst
erklären, dass bereits sieben Jahre später bei einer Restauration die Wandmalereien verschwanden, währenddem die Wandsprüche
darüber erhalten sind? ...
... Viele reformierte Kirchen im Kanton Bern seien damals wegen des wieder erwachten calvinistischen Geistes ihres kulturellen Geistes beraubt
worden, sagt Hans Peter Würsten von der Denkmalpflege in Bern. Bedenkt man zudem, dass Balthus und die Kreise, in denen er in Beatenberg
verkehrte, anthroposophisch geprägt waren, erstaunt es nicht, dass die Restauration der Kirchgemeinde die Gelegenheit gab, dieses Zeugnis im
wahren Sinne des Wortes auszulöschen. Auch der anthroposophisch ausgerichtete Pfarrer Bay war 1934 nicht mehr im Amt, um sich für das
Kunstwerk einzusetzen. ...
Tatsache ist, dass die Fresken nicht mehr vorhanden sind (auch nicht unter dem Putz). Dies haben Untersuchungen mit Kameras im infraroten und
ultravioletten Wellenbereich bestätigt.
Der junge Balthus und seine Fresken: Der Gute Hirte, flankiert von Evangelisten. Gemalt im Alter von 19 Jahren! Nur aus
einem erhalten gebliebenen Entwurf lässt sich die Farbgebung noch ablesen. Quelle: Dr. jur. Peter Stauffer
Balthus bei einem Waldspaziergang in Beatenberg:
Rainer (eigentlich René) Maria Rilke (Schriftsteller 1875-1926) kam 1922 wegen Baladine, die er Mouky nannte, nach
Beatenberg. Es entstand die bekannte Foto, die den Dichter zusammen mit der Geliebten (Malerin Baladine Klossowska) und deren Sohn Balthus, auf dem
Waldspaziergang zeigt. Rilke erkannte die künstlerische Begabung des Jungen früh und förderte dessen künstlerische
Entwicklung.
Quelle: Dr. jur. Peter Stauffer, Bern / Beatenberg
|
Wer ist Balthus?
"Balthus" Balthasar Klossowski, Comte de Rola: Geboren 1908 in Paris und gestorben 2001 in Rossinière/Schweiz. In der Zeit von 1919 bis 1934 weilte er hauptsächlich auf dem Beatenberg. Er wurde von
Margrit Bay, der Tochter des früheren Pfarrers, betreut. Ihr verdankte er den Auftrag, die Ost-Wand der Beatenberger Kirche mit Fresken neben
und zwischen den Fenstern zu verzieren.
|
Balthus mit seiner Frau
Einige seiner Gemälde
The Mountain
Summertime
Roger et son fils
Ausstellung im angesehenen Museum Ludwig in Köln
Thérèse träumend
Die Erotik seiner Bilder machte den französischen Maler Balthasar Klossowski, kurz "Balthus", schon früh bekannt. Seine erste
Ausstellung, 1934 in Paris, galt als skandalös. Aber interessierte Künstler, darunter Pablo Picasso, Alberto Giacometti und Salvador Dali, kauften seine Werke.
Das angesehene Kölner Museum Ludwig veranstaltet 2007 die erste große Einzelausstellung Balthus in
Deutschland mit rund 70 Gemälden und Zeichnungen, vorwiegend aus der Zeit zwischen 1932 und 1960. Balthus Lieblingssujet waren unterschwellig
sexuell getönte Portraits von Mädchen im Alter von etwa 13 Jahren, die sich ihrer Wirkung noch nicht bewußt sind und damit den
erwachsenen Betrachter kompromittieren. Diese Ambivalenz war und ist Anlass heftiger Kontroversen.
Quelle: Christina Tilmann , www.tagesspiegel.de 19.8.2007
Immer wieder Thérèse: Thérèse begegnet den Kölner Ausstellungsbesuchern gleich mehrfach. Zwischen 1936 und 1939
porträtierte Balthus die Tochter seines Nachbarn elf Mal und dokumentierte so die Entwicklung von der Kindheit zur Pubertät. „Es ist
erstaunlich, dass das Mädchen die ermüdenden Modellsitzungen mitgemacht hat“, wundert sich Kuratorin Rewald. Lachen sieht man
Thérèse auf den Gemälden nie.
Thérèse Awake
Seinen Stil beschrieb Balthus selbst als „zeitlosen Realismus“. Er pflegte eine vom französischen Klassizismus beeinflusste
altmeisterliche Maltechnik, die so gar nicht zu dem damals angesagten Surrealismus passen wollte. Innerhalb der zeitgenössischen Kunstszene galt
der Künstler mit dem Geburtsnamen Balthazar Klossowski de Rola deshalb als Sonderling. Dennoch wurde er von Weggefährten wie Alberto
Giacometti, Antonin Artaud, Paul Éluard und Albert Camus hoch geschätzt.
Nach Aufenthalten in Paris, Berlin und Italien sowie einer Militärzeit in Marokko kehrte Balthus nach Paris zurück, wo er 1934 in der
Galerie Pierre seine erste Einzelausstellung hatte. Seine freizügigen Bilder hatten zur Folge, dass er der "Nymphomanie" bezichtigt wurde.
In der Folgezeit entwickelte Balthus seinen eigenen figurativen Malstil, der sich an der Technik der Fresken des italienischen Quattrocento
orientierte. Er entzog sich damit den zeitgenössischen Kunstströmungen unter anderem des Kubismus und des Surrealismus. Auch in seinen
Sujets setzte er sich ab, da sie häufig von anzüglichen Posen junger Mädchen geprägt waren. Balthus zählte den Dichter Lord
Byron zu seinen Vorfahren und war u.a. mit Federico Fellini, Pablo Picasso, Joan Miró, Salvador Dalí, Alberto Giacometti und besonders
mit Pierre Matisse befreundet, der ihm auch gelegentlich finanziell zur Bestreitung seines luxuriösen Lebensstils unter die Arme griff. Für
Albert Camus entwarf Balthus Bühnenbilder und Kostüme. Balthus galt als exzentrisch und scheute die Öffentlichkeit.
1961 berief ihn André Malraux, der unter Charles de Gaulle zum französischen Kulturminister aufgestiegen war, zum Direktor der
Académie de France an die Villa Medici in Rom. 1962 lernte Balthus auf einer Reise nach Japan Setsuko Ideta kennen, die er 1967 heiratete. Im
Jahr darauf wurde ihr gemeinsamer Sohn Fumio geboren, der jedoch bereits im Alter von zwei Jahren verstarb. 1973 wurde die gemeinsame Tochter Harumi
geboren.
1976 erwarb Balthus das Grand Chalet in Rossinière im Kanton Waadt in der Schweiz, in dem er dann bis zu seinem Tod im Februar 2001 mit fast
93 Jahren zurückgezogen lebte.
An seiner Beisetzung nahmen zahlreiche Prominente teil, darunter Bono von U2, welcher der Zeremonie ein Lied
beisteuerte, Elle Macpherson, Henri Cartier-Bresson, Prinz Sadruddin Aga Khan sowie Vertreter verschiedener Regierungen. Balthus hinterließ ein
– gemessen an seiner langen Schaffensperiode – relativ schmales Werk von rund 350 Gemälden und 1600 Zeichnungen.
Quelle: Christina Tilmann, 2007
|
Webseite und Bildbearbeitung: Heinz Rieder / Für die Unterstützung beim Aufbau dieser Webseite möchte ich mich bei
Kurt Schmocker sen., Beatenberg (Bildunterstützung) und Dr. jur. Peter Stauffer, Bern/Beatenberg (Wissen und Bilder der Fresken) recht herzlich bedanken. Auch Gespräche mit Herrn Weber Antoine, Chalet Gütsch, Beatenberg/Corcelles NE (er kannte Balthus persönlich), haben mich beim Seitenaufbau unterstützt.
|
|